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FOODSLAMMER | Vortragsabend | Ein Nachbericht

Am 24.11.2017  fand der erste Foodslam zum Thema Lebensmittelproduktion im Hutmacher in Utopiastadt statt.

Ziel der Veranstaltung ist es, den Wissenstransfer zwischen Konsumenten, Landwirten und Wissenschaftlern zu fördern und zu intensivieren, um so die Akzeptanz seitens der Konsumenten zu fördern und verbesserte Bedingungen für die Landwirte zu erreichen. Stnad früher noch primär das preisgünstige Produkt im Vordergrund, wird heute vermehrt auf Herkunft und transparente Produktionsketten geachtet. Diese positive Entwicklung kann nur dann weiter vorangetrieben werden, wenn sich Konsumenten und Akteure der Landwirtschaftsbranche in intensiven Gesprächen austauschen. Initiiert von Kim und Pia Münster trafen sich viele Interessierte zur Premiere des Foodslams in Wuppertal, der durch den Kulturfonds Wuppertal und die Jackstädtstiftung gefördert wird. Thema des Foodslams  war die Produktion von Schweinefleisch. Insgesamt gab es hierzu vier Beiträge von Hendrik Ruwisch, dem Duo Helga Jacobi und Caroline Hertler, Hans-Jörg Eynck und Thomas Blaha. Anhand der Darstellung verschiedener Bereiche der Lebensmittelkette veranschaulichten die Referentinnen und Referenten die  Komplexität und den Zusammenhang von Nahrungsmitteln und Landwirtschaft. In einer anschließdenen Diskussionsrunde durfte sich auch das Publikum miteinbringen.

Hendrik Ruwisch erklärte mit viel Witz und Charme, was es bedeutet, den elterlichen Betrieb mit 2.000 Mastschweinen zu übernehmen und als junger Landwirt so Tag für Tag die Verantwortung in allen erdenklichen Bereichen wie z.B. Elektrik, Technik, Bodenkunde, Tierernährung, Tiergesundheit etc. zu tragen. Darüber hinaus erläuterte er auch, wieso sich der im Raum Versmold verortete Betrieb auf Tierhaltung spezialisiert hat. Mittlerweile versorgt Ruwisch über 10.000 Menschen mit Lebensmitteln. Kein Wunder also, dass die Übernahme des elterlichen Betriebs nicht nur eine »bewusste Berufsentscheidung«, sondern auch eine Herzensangelegenheit war.

Helga Jacobi und Caroline Hertler stellten ein alternatives System der »Solidarischen Landwirtschaft« vor. Zusammen mit drei weiteren Kolleginnen und Kollegen führen die beiden einen vielseitigen, regionalen und saisonalen Gemischtbetrieb im Raum Wuppertal, der durch die regionale Bevölkerung mitfinanziert wird. Auf diese Weise ist nicht nur ein regelmäßiges Grundeinkommen garantiert, sondern der Hof kann unabhängig von Wetter und Preisfindung des Lebensmitteleinzelhandels bewirtschaftet werden. Als besonders positiv bewerten Helga und Caroline, dass die solidarische Landwirtschaft eine direkte Beziehung zwischen Landwirt und Endverbraucher aufbaut, da sie sich persönlich kennenlernen. So kann durch Gespräche zwischen Produzent und Käufer z.B. die oft fehlende Wertschätzung der Lebensmittelerzeugung wiederhergestellt werden.

Hans-Jörg Eynck von Tönnies Lebensmittel GmbH erklärte informativ und anschaulich was alles bei der Schlachtung eines Schweines anfällt und verarbeitet wird. Lediglich 50% der anfallenden Schweinprodukte werden für den Verzehr angeboten. Der Rest wird anderweitig verarbeitet oder exportiert. China hat sich z.B. als Markt etabliert auf dem solche Teile angeboten werden, die in Deutschland und anderen europäischen Ländern nur wenige Abnehmer finden, wie z.B. Ohren, Nieren, Darmenden etc. Darüber hinaus erläuterte Eynck, dass es einen steigenden Bedarf an Fertigprodukten gibt, auf die sich auch die Fleischproduktion ausrichtet, und dass aus Schweinerzeugnissen nicht nur Lebensmittel, sondern auch andere Alltagsprodukte produziert werden – von Kosmetika, über Medikamente bis hin zu Zigarettenfiltern und ökologisch abbaubare Plastiktüten.

Thomas Blaha emeritierter Professor der Außenstelle Bakum (Tierärztliche Hochschule Hannover) widmete sich der Frage nach der Lebensmittelsicherheit. Mit kompetenter Gelassenheit erklärte er, dass es eine Differenzierung zwischen ethisch Verwerflichem (Gammelfleisch, Pferdefleisch) und echten gesundheitliche Risiken (Salmonellen, BSE) geben muss. Sowohl in der konventionellen als auch in der biologischen Schweinehaltung gibt es vergleichbare tiergesundheitliche Problemstellungen. Allerdings sind die Diagnostikmethoden so verbessert worden, dass bereits kleinste Abweichungen vom Standard nachgewiesen werden können. Blahas Quintessenz:  »Unsere Lebensmittel waren noch nie so sicher wie heute«.

Der erste Foodslam war nicht nur ein neues Format für kritische Endverbraucher, sondern auch für die Referenten. Wir danken allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern, dass sie sich mit Offenheit auf dieses experimentelle Format eingelassen und aktiv dazu beigetragen haben, dass dieser Abend informativ, diskussionsreich und sehr inspirierend wurde. Wir freuen uns auf das nächste Mal!